Werk – In seinem 2022 im Verlag edizioni e/o erschienenen Werk „Più idioti dei dinosauri“ beschäftigt der Autor sich mit den Fragen und Sorgen, die die aktuelle Klimakrise mit sich bringt. Für Scaglione haben diese Fragen eine persönliche Ebene: er macht sich Gedanken über den Einfluss der vielen Aspekte des Klimawandels auf die Zukunft seines Sohnes. Welche Möglichkeiten wird sein Kind später haben? Wo wird er wohnen, wohin reisen, was essen können? Neben den Gedanken, die ihn und seine Familie persönlich betreffen, reflektiert der Autor auch über allgemeine Themen und Debatten des Klimawandels, z.B. die Entwicklung des Arbeitsmarktes, und versucht, Möglichkeiten zur Verbesserung unseres und des Lebens in den kommenden Generationen zu finden. In einem sachlichen, leicht zugänglichen und humorvollen Stil versucht der Autor, einen neuen Blickwinkel auf den Klimawandel darzustellen – eben nicht den des Wissenschaftlers, sondern den eines Elternteils, das sich Gedanken um die Zukunft seines Kindes macht – eine für viele gut nachvollziehbare Perspektive, die uns im Alltag abholt und keine wissenschaftlichen Kenntnisse erfordert.

VITA – Daniele Scaglione, Autor, Diplom-Physiker und technischer Industrieexperte, wurde 1967 in Turin geboren. Er ist als Berater im Unternehmenswesen tätig, arbeitet gemeinsam mit dem Radiosender RAI Radio 3 am Wissensprogramm Wikiradio und schreibt Bücher und Artikel zu Themen wie Menschenrechte und Klimakrise. Von 1997 bis 2001 war er Präsident der italienischen Abteilung von Amnesty International, außerdem war er einige Zeit für Campaigning und Kommunikation bei ActionAid verantwortlich. Zwischen 2010 und 2015 veröffentliche Scaglione im Verlag infinito edizioni diverse Werke, darunter „Rwanda. Istruzioni per un genocidio.“ (2011) und „Le storie che costellano il cielo“ (2015). Bisher wurden noch keine Werke dieses Autors ins Deutsche übersetzt – dieses Buch könnte dem deutschen Markt einen neuen Autor mit interessanten Inhalten und einem sehr gut lesbaren Stil vorstellen.
WERK – Das Thema Klimakrise beschäftigt uns alle. Scagliones Buch greift neben einem hochaktuellen Diskurs auch die persönliche Perspektive auf: Wie wird es uns und den kommenden Generationen gehen? Was für Probleme, aber auch Chancen werden sie haben? Was können wir tun, um den Zustand unserer Welt und unsere Zukunftsaussichten zu verbessern? Mit seinem humorvollen Stil, mit dem er sachliche, und aufgrund seines wissenschaftlichen Hintergrundes fachlich fundierte, Perspektiven und Fakten präsentiert, kann das Buch für eine interessant Bereicherung für den deutschen Buchmarkt sein.  

Leseprobe – Erstellt und übersetzt von Melina Wagner im Mentorat mit der Übersetzerin Dr. Ulrike Schimming

Deutsche Übersetzung

[S. 9]

Auf Schattenjagd

Ich blicke vom Computerbildschirm auf, und da sehe ich ihn. Ein kleiner Schatten. Ich pirsche mich lautlos, behutsam an ihn heran. Es ist, was ich befürchtet hatte. Ich gehe rückwärts, um ihn nicht aus den Augen zu lassen. Tastend erreiche ich das Bücherregal, ergreife meine Waffe, und nähere mich erneut. Als ich auf eine Schrittlänge herangekommen bin, bemerkt der Schatten mich und versucht noch zu entkommen – tut es jedoch zu spät, und ich bin blitzschnell. Es gibt kein Entrinnen. Mein Sohn Cosimo, der im Kinderzimmer nebenan im Bett liegt, kann ruhig weiterschlafen. Ich lege die Fliegenklatsche zurück an ihren Platz.



Wir haben November, und das ist die vierte Mücke, die ich erledige. In der Stadt am Fuße der Alpen, wo ich wohne, sollten diese Insekten seit Wochen nur noch eine blasse Erinnerung sein. Wieso also gibt es um diese Jahreszeit noch so viele Mücken? Könnte Zufall sein. Könnte sein, dass es noch warm ist. Mücken mögen es warm, und da sich unser Planet immer weiter erwärmt, stehen diesen Biestern glückliche Zeiten bevor. Ich muss es meinem Sohn sagen. Er muss wissen, dass er in einer Welt leben wird, in der man die Mücken auch an Weihnachten noch am Hacken hat. Dass er überall Insektenschutz verteilen und an jedem einzelnen Tag des Jahres über den Schlaf seiner Kinder wird wachen müssen.



Mein Sohn und ich gehören zu den zwanzig Prozent der Menschen, die die Mücken mehr anziehen als andere. Das ist lästig, auch wenn es uns beliebt macht: Deine Freunde laden dich zu jedem Essen unter freiem Himmel ein, wohlwissend, dass die verdammten Insekten dich stechen und sie in Ruhe lassen werden. Deshalb sind wir gezwungen, immer langärmlige Shirts und knöchellange Hosen zu tragen. Sandalen und Flipflops können wir komplett vergessen können, stattdessen verströmen wir ständig einen medizinischen Geruch und müssen das Jucken ertragen. Die Mistviecher erwischen uns trotzdem. Wie gesagt, es ist lästig, aber nicht das Ende der Welt. Zumindest nicht in unseren Gegenden und zumindest nicht in unserer Zeit. In Europa, besonders in Italien, haben die Mücken bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts ziemlich viele Leute umgebracht. Und wegen des Klimawandels könnten sie es wieder tun.



Ich habe gesehen, was es bedeutet, mit einem kursierenden Virus zu leben. Es fehlt nur noch, dass Malaria und andere schlimme, von Mücken übertragbare Krankheiten sich noch weiter ausbreiten, anstatt bezwungen zu werden. Und das ist nur eine der vorausgesagten Veränderungen, neben der Gletscherschmelze, dem Korallensterben und zahlreichen anderen.



Was wird es in der Zukunft meines Sohnes noch geben? Wohin wird er noch in den Urlaub fahren können? Was wird er noch essen können? Wird er ein eigenes Fortbewegungsmittel besitzen – über das Fahrrad hinaus, das ich für so selbstverständlich halte? Wird er die Möglichkeit haben, wenn er denn möchte, weiter hier in seiner Heimat zu leben, oder wird er sich einen anderen Ort suchen müssen? Und welchen? Wird er aufatmen können, oder wird er immer in Alarmbereitschaft sein müssen, Tag und Nacht (vorausgesetzt Tag und Nacht unterscheiden sich überhaupt noch voneinander)? Ich denke, dass die Antwort auf Fragen wie diese lautet: „Es kommt darauf an.“ Aber worauf kommt es an? Auf die Vorhersagen der Wissenschaftler? Darauf, was die Regierungen tun? Darauf, wie viele Menschen auf der Erde leben? Auf die Waldbrände? Auf die Tatsache, dass wir Cosimo immer in Einwegwindeln gewickelt haben, anstatt die waschbaren zu benutzen?


Steckbrief und Übersetzung von Melina Wagner im Mentorat mit der Übersetzerin Dr. Ulrike Schimming

Beiträge zur italienischen Literatur

Beiträge zu anderen romanischen Sprachen

Das Projekt


Bildquelle:

Daniele Scaglione – https://www.tropismi.it/2022/04/21/siamo-davvero-piu-idioti-dei-dinosauri-recensione-del-libro-di-daniele-scaglione/

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